4.12.2008

Eine Kuh wie aus dem Ei gepellt


Also, keiner kann sagen, wir wüssten nicht, was Standard ist in der Genforschung. Vor ein paar Tagen lief im ör- Fernsehen ein Film, der schilderte, wie man in den USA Hochleistungsbullen klont und Spitzen-Rennpferde, dass man durchaus Haustiere klonen kann, damit niemand auf den teuren verblichenen Liebling verzichten müsse in naher Zukunft. Und nun kommt die Krönung: "Britische Forscher haben zum ersten Mal Embryonen aus menschlicher DNA und Eizellen von Kühen geschaffen. Die Mischwesen sollen der Grundlagenforschung dienen", meldet die "Süddeutsche". Es hätte funktioniert, die Chimäre hätte man nach drei Tagen vernichtet.
Andererseits hat diese genetische Experiment auch seine guten Seiten. Wenn, sagen wir mal die Omma stirbt und ein klein wenig später der Hund, die Katze oder eben die Kuh, dann muss man nicht zwei Lebewesen klonen lassen, sondern kann (zwei zum Preis für einen Klon) Omma und Kuh in einen Körper basteln. Und das (rechts oben) ist doch wirklich nett oder?

Chuzpe sächsisch *

Als die "Sächsische Zeitung" Dresden vor ein paar Jahren ein neues Redaktionssystem einführte, kaufte sie unter anderem neue Arbeitsplatzrechner für alle Redakteure. Gemäß Murphies Law kam es, wie es kommen musste. Das selbstlernende Korrekturprogramm im CMS war noch recht jungfräulich, wenn es um regionale Begriffe oder Namen ging. Mit dem Namen Milbradt beispielsweise konnte es nichts anfangen. Der war damals Finanzminister in Sachsen, Leitwolf und Stichwortgeber, wenn es um die Sachsen LB ging. In einem Innenseiten-Aufmacher ging es eben um Milbradt. Der zuständige Redakteur musste wohl eine schwache Stunde erwischt oder unter dem üblich hohem Zeitdruck gearbeitet haben. Er jagte das Korrekturprogramm über seine Arbeit, das - wie gesagt - Milbradt nicht kannte, dafür aber den Begriff "Milzbrand". Und so stand eben dann der Beitrag in der Ausgabe des nächsten Tages: "Finanzminister Milzbrand ist der Auffassung, . dazu sagte Georg Milzbrand . ." Warum ich jetzt drauf komme? Hätte man in Sachsen seinerzeit diesen Milzbrand so behandelt, wie man eben einen Milzbrand behandelt, dann wäre den Sachsen viel erspart geblieben. Beispielsweise, dass nach dem Rabatt-Fechter-Ministerpräsidenten "König Kurt" Biedenkopf erneut einer an die Tröte der Macht kommt, der auch wieder nur eine Spur der moralischen Verwüstung hinterlässt - Milzbrand, äh Milbradt eben.
Wie nun durchsickert, hat Milbradt zu seiner Zeit als Finanzminister ein privates Fondsgeschäft (Bau der sächsischen Landesbank in Leipzig) zum Teil mit einem Kredit der Landesbank finanziert. Das Pikante: Milbradt selbst war Chef des Kreditausschusses und hat damit rein formal seinen eigenen Kredit genehmigt. Und: "Dem „Spiegel“ zufolge beteiligte sich Milbradt mit rund 50.000 Euro an dem geschlossenen Immobilienfonds, mit dem im Jahre 1996 der 88 Millionen Euro teure Neubau der Landesbank in Leipzig finanziert wurde. Eine Mietgarantie habe die im Fondsprospekt mit 9,3 Prozent angegebene Rendite gesichert", schreibt die "Welt" . Und es kommt noch besser: Angelika Meeth-Milbradt, Professorin an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden und Ehefrau, hat Dank ihrer guten, weil familiären Beziehungen zur Sachsen LB auch noch zugelangt. "Auch seine Frau bekam Darlehen der Landesbank", um es in (Airbus-)Aktien anzulegen. "Insgesamt erhielten die Milbradts in den neunziger Jahren mehr als 170 000 Euro von der SachsenLB.
Unisono heisst es zu all dem aus der Sachsen-CDU: Alles legal, alles normal! Stimmt, wenn man ein Bundesland als ganz persönliches, allzeit frei verfügbares Fürstentum betrachtet, als Selbstbedienungsladen mit hoher Renditekraft, dann werden aus privaten Insidergeschäften schnell normale Bankgeschäfte, dann ist alles höchst normal, ein gesellschaftspolitischer Milzbrand eben.

*
Chuzpe [xʊtspə] (aus dem jiddischen חוצפה [chùtzpe] von hebräisch חצפה [chuzpà] für „Frechheit, Dreistigkeit, Unverschämtheit“ entlehnt) ist eine Mischung aus zielgerichteter, intelligenter Unverschämtheit, charmanter Penetranz und unwiderstehlicher Dreistigkeit.

4.09.2008

Sau im Zickzack - BND in Lügennot

Die durchs Dorf getriebene Sau (SEK-Beamte bilden libysche Sicherheitskräfte aus) läuft gewaltig im Zickzack. Weil, Genaues weiß man nicht. Merkwürdig schon für einen Journalismus, der von sich behauptet, ausschließlich Tatsachen zu vermitteln. In Wirklichkeit ist die Berichterstattung über den "Skandal" die blanke Kaffeesatzleserei. Alles, was wir vorgesetzt bekommen, sind schlichte Vermutungen. Wenn wir mit der Wahrheit (und damit den harten Fakten) in Deutschland nicht weiter kommen, warum machen sich dann nicht unsere hochbezahlten internationalen Lohnschreiber in die Spur nach Libyen und suchen dort danach? Wenn das nicht geschieht, dann hat offensichtlich niemand ein rechtes Interesse daran. Kein Interesse daran dürfte auf jedem Fall der Bundesnachrichtendienst haben. Denn der müsste zweierlei zugeben: Erstens, das die Ausbildung libyscher Sicherheitskräfte so neu nun auch wieder nicht (Lesen Sie dazu das "junge-welt"-Gespräch mit einem ehemaligen Stasi-Ausbilder über seine Erfahrungen mit Libyen und dem BND 1978/79) Zweitens, dass der BND aus den Erfahrungen mit der Ausbildung libyscher Sicherheitkräfte gelernt und den aktuellen Ausbildungsauftrag schlauerweise "privatisiert" hat. Der Vorzug: Wenn es rauskommt, kann man ohne Probleme dementieren, beteiligt gewesen zu sein, mit dem Finger auf andere "Verantwortliche" zu zeigen. Verantwortlich in diesem Fall wäre dann also die deutsche Sicherheitsfirma "BDB Protection GmbH" in Wiesmoor, die die Ausbilder rekrutierte und die Ausbildung organisierte. Die aber hat, obwohl sie mit dem libyschen Auftrag Millionen verdient haben soll, Insolvenz angemeldet und ist so nicht mehr greifbar.
Entschuldigung, ist da nun die Wahrheit? Ich glaube nicht. Genau so gut, könnte die ganze Ausbildungsgeschichte ein bloßes Ablenkungsmanöver sein für irgend etwas anderes. Doch was könnte das sein - und wäre das dann wenigstens war?

4.07.2008

Leihbeamte im Parlament und in Libyen

Im Vorwort zu seinem Buch "Media Control" schreibt Noam Chomsky über die westlichen Industriegesellschaften: "In kapitalistischen Demokratien ist die Macht in einem Spannungsfeld angesiedelt. Demokratie heißt im Prinzip Herrschaft des Volkes. Aber die Entscheidungsbefugnis über zentrale Bereiche des Lebens liegt in privaten Händen, was weitreichende Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaftsordnung hat". Um die Spannung zu vermindern, meint Chomsky, sei die Ausweitung der Demokratie auf Bereiche der wirtschaftlichen Investitionen und/oder der Organisation der Arbeit unabdingbar. Das Gegenteil sei seit längerem der Fall, weil man die Spannungen verringert, indem man den "Einfluß der Öffentlichkeit auf die staatliche und privatwirtschaftliche Macht beseitigt". Und weiter: "In den fortgeschrittenen Industriegesellschaften bedient man sich im Allgemeinen einer Vielzahl von Maßnahmen, um die demokratisch verfassten Strukturen ihres wesentlichen Gehalts zu berauben, ohne ihre formale Funktionsweise zu anzutasten". Dass die vom Autor beschriebenen Zustände nicht nur Zustände in den USA beschreiben, sondern eben doch Zustände in allen westlichem Demokratien, dafür gab es in der vergangenen Woche mit dem Bericht des Bundesrechnungshofes über "Leihbeamte" der deutschen Wirtschaft im Deutschen Bundestag und in dessen Verwaltung überdeutliche Hinweise. Der BRH bestätigt damit nicht nur die Richtigkeit der Langzeitbeobachtungn des ARD-Magazins "Monitor", sondern auch die Untersuchungen der beiden Journalisten Sascha Adamek und Kim Otto, die ebenfalls in der Vorwoche ihr Buch "Der gekaufte Staat" ui eben diesem Tema in Berlin vorgestellt haben. Die Tageszeitung "Junge Welt" referierte aus dem Buch: "In Bundesministerien beschäftigt wurden unter anderem Mitarbeiter von Bayer, DaimlerChrysler, der Deutschen Bank, E.on, dem Flughafenbetreiber Fraport, Siemens und SAP. Auch Verbandsfunktionäre der Gas-, Pharma- und Bauindustrie wurden eingesetzt. Die Erfolgsbilanz dieser Lobbyisten kann sich sehen lassen. Wichtige Gesetzesvorhaben, beispielsweise zum Fluglärmschutz oder zur Energiepreisregulierung, wurden so stark verwässert, daß den Konzernen hohe Aufwendungen erspart blieben. Mit anderen, beispielsweise zu Hedge-Fonds und Private-Public-Partnerships, wurden völlig neue Geschäftsfelder zum Schaden der Verbraucher und der öffentlichen Haushalte eröffnet. Die beiden Buchautoren erheben keineswegs den Anspruch auf Vollständigkeit ihrer Nachforschungen. Auch seien die vielen Fälle von direkter Konzerneinflußnahme auf Gesetze in den Bundesländern von ihnen nicht untersucht worden".
Muss es uns also wundern, wenn beispielsweise die geplante Biospritverordnung (ebenfalls in der vergangenen Woche) urplötzlich wieder gekippt werden muss, weil, wie Sigmar Gabriel sagt, man im Ministerium den zur Verfügung gestellten Zahlen über die Menge der Fahrzeuge, die für den Betrieb mit E10 überhaupt nicht tauglich sind, geglaubt habe. Wer hat die Zahlen geliefert? Der von DaimlerChrysler (siehe oben) bezahlte und (vermutlich) in das Fachministerium abgeordnete Leihbeamte vielleicht?
Ich denke, soviel werden wir wohl zu dem Thema nicht mehr erwarten dürfen, weil A) der Einsatz von "Leihbeamten" immerhin auf einem sogenannten "Austauschprogramm" der Bundesregierung mit der Wirtschaft beruht, also alles so gewollt war. B) weil die Medien - jedenfalls die Mainstraem-Medien - bereits eine andere Sau durch das bundesdeutsche Dorf treiben. Sie wissen schon, die Geschichte der raffgierigen deutschen Ausbilder libyscher Sicherheitsbeamter. Ja so ein Haufen von Unmoral aber auch! Ach ja, wie ein solches Thema Karriere macht, darüber gab eine Linkliste des eigentlich gewissenhaften WDR am 05.04. Auskunft. Das heißt es zunächst: "NRW: Urlaub für Polizeitraining in Libyen, eine Link weiter: "Deutsche Polizeibeamte sollen Sicherheitskräfte in Libyen geschult haben" und nochmals am gleichen Tag: "SEK-Beamte sollen libysche Revolutionsführer ausgebildet haben".

4.06.2008

Besucher aus der Paralellwelt

Zur Orientierung: Ich wohne im Dreiländereck Tschechien/Deutschland/Polen. Die Grenze, die uns bis zum 21. Dezember vergangenen Jahres "trennte", wurde mit viel Pomp an jenem 21. Dezember weit nach Osten verschoben. Wir Tschechen, Deutschen und Polen sind jetzt "Schengen-Binnenländer", die Grenzen sind offen. Genau davor haben sich die Grenzbewohner auf deutscher Seite gefürchtet. Zwar gab es schon immer Grenzkriminalität, befürchtet wurde aber im Zuge des Wegfalls der Kontrollen, die Öffnung der übrigen Grenze und angesichts eines deutlichen Wohlstandsgefälles einen deutlichen Anstieg bei Autodiebstählen, Einbrüchen in Wohnhäuser, bei Ladendiebstählen etc.
Die Befürchtungen seien nicht eingetroffen, respektive "unbegründet". Das sagte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble ("The Lord of the Terror") am Dienstag (1. April) bei einem Treffen mit seinen Amtskollegen aus Polen und Tschechien in Zittau. Die polizeiliche Statistik sagt aber etwas anderes aus: Wurden im Januar/Februar 2007 in Görlitz zwei Autos geklaut, waren es in den zwei Monaten seit Schengen-Grenzöffnung 33 Fahrzeuge. Ähnlich sieht es bei allen anderen Eigentumsdelikten aus. In den regionalen Zeitungen vergeht kein Tag ohne mindestens zwei Meldungen über Diebstähle und Einbrüche. Befürchtungen unbegründet? In der nächsten Zeit, genau Daten werden nicht genannt, soll in Sachsen die Zahl der Grenzschutzbeamten von insgesamt rund 10 000 auf 3 000 reduziert werden. Danke.
Aber es kommt noch schlimmer. Sachsens Innenminister Albrecht "Weissnix" Buttolo treibt es auf die Spitze. Als er vor reichlich einer Woche hier weilte und sich die Sorgen der Grenzbewohner anhörte, da gab er einen wirklich guten Rat: Lassen Sie in den Städten und Gemeinden einfach nachts die Straßenbeleuchtung brennen. Das helfe Einbrecher und Diebe abzuschrecken.